Interessante Gerichtsurteile seit der WEG-Reform (WEMoG) – Auswirkungen auf Wohnungseigentümer und Hausverwaltungen

Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) am 1. Dezember 2020 brachte zahlreiche Veränderungen mit sich. Seitdem haben Gerichte wichtige Urteile gefällt, die nicht nur die Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern weiter konkretisieren, sondern auch die Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Hausverwaltungen beeinflussen. Besonders für Hausverwaltungen bedeutet die Reform sowohl eine Erleichterung in einigen Bereichen als auch eine größere Verantwortung in der Umsetzung neuer Vorgaben. In diesem Artikel gehen wir auf zentrale Urteile ein, die seit der Reform ergangen sind, und erläutern ihre Bedeutung für Eigentümergemeinschaften und Hausverwaltungen.

1. Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft – Mehr Entscheidungsspielraum

BGH, Urteil vom 25. März 2022 – V ZR 124/21

Ein zentrales Thema der WEG-Reform ist die erweiterte Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaften. Vor der Reform war es oft schwierig, Modernisierungsmaßnahmen oder Sanierungen durchzusetzen, da sie nur mit Zustimmung aller betroffenen Eigentümer beschlossen werden konnten. Das neue Gesetz vereinfacht diese Prozesse erheblich.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in diesem Fall, dass Eigentümergemeinschaften weitergehende Regelungen für bauliche Veränderungen treffen können. Dies bedeutet mehr Flexibilität bei Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere bei energetischen Sanierungen. Für die Hausverwaltung ergibt sich hieraus die Aufgabe, die Interessen aller Eigentümer zu koordinieren, transparente Beschlussvorlagen zu erstellen und für eine rechtssichere Umsetzung zu sorgen. Gleichzeitig erleichtert die neue Regelung ihre Arbeit, da Entscheidungen nun durch Mehrheitsbeschluss gefasst werden können und nicht mehr jeder Einzelne zustimmen muss.

2. Einbau von E-Ladestationen – Förderung der Elektromobilität

OLG Frankfurt, Beschluss vom 10. Januar 2023 – 20 W 345/22

Die Elektromobilität spielt eine immer größere Rolle, und viele Eigentümer wünschen sich eine eigene Lademöglichkeit für ihr Elektrofahrzeug. Die WEG-Reform trägt diesem Wandel Rechnung, indem sie Wohnungseigentümern ausdrücklich das Recht einräumt, den Einbau einer Ladestation zu verlangen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt stellte in seinem Urteil klar, dass ein einzelner Wohnungseigentümer grundsätzlich Anspruch auf die Genehmigung zum Einbau einer Ladestation hat. Allerdings bedeutet dies nicht, dass der Einbau in jedem Fall problemlos möglich ist. Die Hausverwaltung muss sicherstellen, dass die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, die Belastung des Stromnetzes berücksichtigt wird und gegebenenfalls alternative Lösungen wie zentrale Ladestationen geprüft werden. Diese zusätzlichen Aufgaben bedeuten für die Verwaltung einen erhöhten Aufwand, tragen aber auch dazu bei, die Wohnanlage zukunftsfähig zu machen und den Wert der Immobilien zu steigern.

3. Sanierungspflichten und Kostenverteilung – Wer zahlt für welche Maßnahmen?

BGH, Urteil vom 23. September 2022 – V ZR 69/21

Ein immer wieder strittiges Thema in Wohnungseigentümergemeinschaften ist die Frage, wer für welche Sanierungskosten aufkommen muss. Insbesondere dann, wenn nur einzelne Wohnungen betroffen sind, stellt sich die Frage der gerechten Kostenverteilung.

In diesem Urteil entschied der BGH, dass Sanierungskosten auch dann von allen Eigentümern zu tragen sind, wenn nur einzelne Wohnungen betroffen sind – sofern die Maßnahme dem gemeinschaftlichen Eigentum dient. Dies betrifft insbesondere Reparaturen an Dächern, Fassaden oder Versorgungsleitungen.

Für die Hausverwaltung bedeutet dies, dass sie die Eigentümer umfassend über die Kostenverteilung informieren und mögliche Streitigkeiten durch transparente Kommunikation vermeiden muss. Zudem müssen Wirtschaftspläne und Rücklagen entsprechend angepasst werden, um finanzielle Engpässe in der Gemeinschaft zu verhindern.

4. Virtuelle Eigentümerversammlungen – Mehr Flexibilität für Eigentümer und Verwalter

LG München I, Urteil vom 15. Juli 2023 – 1 S 3124/23

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass digitale Lösungen in vielen Bereichen von Vorteil sein können. Auch für Wohnungseigentümergemeinschaften war es während der Pandemie oft schwierig, Präsenzversammlungen abzuhalten. Die WEG-Reform sieht daher vor, dass virtuelle oder hybride Eigentümerversammlungen möglich sind.

Das Landgericht München I stellte in seinem Urteil klar, dass Eigentümergemeinschaften unter bestimmten Bedingungen virtuelle oder hybride Eigentümerversammlungen abhalten können. Dies erleichtert die Entscheidungsfindung, insbesondere in großen Wohnanlagen mit vielen Eigentümern, die möglicherweise nicht alle an einem physischen Treffen teilnehmen können.

Für Hausverwaltungen bedeutet dies eine zusätzliche Herausforderung, da sie sowohl die technischen Voraussetzungen für virtuelle Versammlungen schaffen als auch die Rechtssicherheit dieser Meetings gewährleisten müssen. Gleichzeitig können sie dadurch ihre Arbeit effizienter gestalten, da Abstimmungen schneller erfolgen und Reisezeiten entfallen.

5. Nutzung von Gemeinschaftsflächen – Klare Regeln für mehr Gerechtigkeit

OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai 2023 – I-3 Wx 78/22

Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die Nutzung von Gemeinschaftsflächen. In vielen Wohnanlagen gibt es Streitigkeiten darüber, ob einzelne Eigentümer bestimmte Flächen exklusiv nutzen dürfen – etwa für private Gärten, Terrassen oder Stellplätze.

In diesem Urteil entschied das OLG Düsseldorf, dass die Nutzung von Gemeinschaftsflächen durch einzelne Eigentümer einer klaren Regelung durch die Gemeinschaftsordnung oder eine Beschlussfassung bedarf. Das bedeutet, dass ohne entsprechende Vereinbarung keine Eigentümer bevorzugt Flächen für sich beanspruchen können.

Für die Hausverwaltung bedeutet dies, dass sie bestehende Nutzungsvereinbarungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen muss. Zudem kann sie als Vermittler auftreten, um Streitigkeiten zu vermeiden und für eine gerechte Verteilung der Gemeinschaftsflächen zu sorgen.

Fazit – Die Rolle der Hausverwaltung nach der WEG-Reform

Die WEG-Reform hat zahlreiche Verbesserungen für Wohnungseigentümer gebracht, stellt aber auch höhere Anforderungen an Hausverwaltungen. Sie müssen nicht nur rechtliche Neuerungen umsetzen, sondern auch verstärkt als Vermittler zwischen den Eigentümern auftreten. Viele der neuen Regelungen bedeuten einen höheren organisatorischen Aufwand, doch gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, Verwaltungsprozesse effizienter und moderner zu gestalten.

Dank digitaler Lösungen wie virtuellen Versammlungen, einer besseren Planbarkeit von Sanierungsmaßnahmen und klareren Beschlusskompetenzen können Hausverwaltungen heute effektiver arbeiten als je zuvor. Dennoch bleibt ihr Job anspruchsvoll, da sie nicht nur die rechtlichen und technischen Aspekte im Blick behalten müssen, sondern auch als zentrale Kommunikationsstelle zwischen Eigentümern, Handwerkern und Behörden agieren.

Wer eine engagierte und gut strukturierte Hausverwaltung hat, profitiert von einer rechtssicheren und zukunftsorientierten Bewirtschaftung seiner Immobilie. Die WEG-Reform und die daraus resultierende Rechtsprechung zeigen, dass professionelle Verwaltungen ein entscheidender Faktor für den Werterhalt und die Entwicklung von Wohnungseigentümergemeinschaften sind.