Verjährungsregelung für Schadensersatzansprüche bei Mietverhältnissen hat Vorrang

Für Schadensersatzansprüche des Vermieters enthält § 548 BGB eine abschließende Sonderregelung, die den allgemeinen Verjährungsregelungen vorgeht. Vor Rückgabe der Mietsache an den Vermieter kann demnach keine Verjährung eines Anspruches eintreten, auch wenn die Schadensursache mehr als 30 Jahre zurückliegt.

Der Fall
Die Eigentümer und Vermieter einer im Jahr 1981 vermieteten Wohnung machten gegen die Mieter bzw. deren Erben Schadensersatzansprüche geltend. Die Wohnung liegt im vierten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in Berlin. In den ersten Jahren des Mietverhältnisses statteten die Mieter das ursprünglich mit Holzdielen ohne Fußbodenentwässerung versehene Badezimmer mit einem Fliesenfußboden nebst Bodenabfluss aus. Die Arbeiten wurden nicht sach- und fachgerecht ausgeführt, weil eine Dichtung unterhalb der Fliesen nicht erstellt wurde. Im Jahr 2016 drang in der unmittelbar darunter liegenden Wohnung schwallartig Wasser durch die Decke. Es wurde daraufhin festgestellt, dass wegen der über Jahre eindringenden Feuchtigkeit die Decke einsturzgefährdet war.

Mit der während des fortdauernden Mietverhältnisses im Jahr 2017 erhobenen Klage hatten die Vermieter darauf verwiesen, dass eine der Mieterinnen, die auf den Rollstuhl angewiesen war, während der letzten zwanzig Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht hatte. Dies habe dazu geführt, dass Wasser durch den unzureichend abgedichteten Fliesenboden in die darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen sei. Die entstandenen Schäden wurden auf ca. 37.600 Euro beziffert. Die Mieter erhoben gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB die Einrede der Verjährung, da der behauptete ursächliche Umbau mehr als 30 Jahre vor Klageerhebung erfolgte. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht gaben den Mietern recht, mit der Begründung, auch für Verjährungssonderregelungen gelten die in § 199 Abs. 3 BGB geregelten Höchstfristen. Die Vermieter legten zur Weiterverfolgung ihrer Ansprüche Revision ein.

Die Entscheidung
Die Revision der Vermieter hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies den Rechtsstreit dorthin zurück. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet die Anwendung der Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB neben der vorrangigen Sonderregelung des § 548 Abs. 1 BGB aus Entgegen den Ausführungen der Vorinstanzen seien die Schadensersatzansprüche der Vermieter nicht verjährt, so der BGH.

Die Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB komme aufgrund der vorrangigen mietrechtlichen Sonderregelung nicht zur Anwendung. Die in § 548 Abs. 1 BGB vorgesehene Verjährung von sechs Monaten beginne – unabhängig von der Anspruchsentstehung – mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhalte. Demnach komme es nicht darauf an, dass die schadenauslösenden Handlungen vor vielen Jahren während des Mietverhältnisses erfolgt seien. Laut BGH unterliegen der kurzen Verjährung nicht nur mietvertragliche Ansprüche wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, sondern auch aus demselben Sachverhalt herrührende Ansprüche des Vermieters aus unerlaubter Handlung.

Da das Mietverhältnis noch andauere und die Vermieter die Wohnung noch nicht zurückerhalten haben, habe die Laufzeit der Verjährung noch nicht begonnen, führt der BGH weiter aus. Nach Zurückverweisung an das Berufungsgericht müsse nun auch geprüft werden, ob die Vermieter vorrangig die Gebäudeversicherung in Anspruch nehmen müssen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.8.2022, Az. VIII ZR 132/20
Vorinstanzen:
Landgericht Berlin, Urteil vom 11. März 2020, Az. 64 S 51/19
Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 17. Januar 2019, Az. 239 C 189/17