Miteigentumsanteil in der WEG: Bedeutung, Berechnung und Auswirkungen – Einfach erklärt.
Einleitung
Wer eine Eigentumswohnung kauft, wird automatisch Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Damit verbunden ist auch der Erwerb von sogenannten Miteigentumsanteilen am gemeinschaftlichen Eigentum. Doch was genau ist ein Miteigentumsanteil? Wie wird er festgelegt? Und warum ist er nicht zwingend an die Größe der Wohnung gekoppelt? In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige rund um den Begriff Miteigentumsanteil, seine Berechnungsgrundlagen, rechtlichen Konsequenzen und praktischen Bedeutungen.
Was ist ein Miteigentumsanteil?
Der Miteigentumsanteil (kurz: MEA) bezeichnet den ideellen Bruchteil, den ein Wohnungseigentümer am gesamten Grundstück sowie an den gemeinschaftlichen Teilen und Anlagen des Gebäudes hält. Dies ergibt sich aus dem deutschen Wohnungseigentumsgesetz (WEG), das das Eigentum an einer einzelnen Wohnung mit einem Anteil am Gemeinschaftseigentum verbindet.
Gesetzliche Grundlage
Nach § 1 Abs. 2 WEG wird das Eigentum an einer Wohnung immer zusammen mit einem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum erworben. Der Miteigentumsanteil wird üblicherweise in Tausendstel oder Hundertstel angegeben und ist zwingend mit dem Sondereigentum – also der Wohnung – verbunden.
Unterschied zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
Um den Begriff Miteigentumsanteil vollständig zu verstehen, ist es wichtig, die Begriffe Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum zu unterscheiden:
Sondereigentum: Die jeweilige Wohnung oder sonstige Räume (z. B. Kellerräume oder Garagen), die dem Eigentümer alleine gehören.
Gemeinschaftseigentum: Alle Teile der Immobilie, die nicht zum Sondereigentum gehören, wie z. B. Dach, Fassade, Treppenhaus, Grundstück, Heizungsanlage etc.
Der Miteigentumsanteil bezieht sich ausschließlich auf das Gemeinschaftseigentum.
Wie werden Miteigentumsanteile berechnet?
Übliche Praxis
In den meisten Fällen erfolgt die Berechnung der Miteigentumsanteile nach dem Verhältnis der Wohnfläche der jeweiligen Einheit zur Gesamtfläche aller Einheiten. Dies ist jedoch nicht zwingend so vorgeschrieben. Vielmehr gibt es verschiedene Berechnungsgrundlagen:
Wohnflächenverhältnis (häufigste Variante)
Kubatur (Rauminhalt)
Lage der Wohnung im Haus
Ausstattung
Nutzungspotenzial
Verhandlungslösung
Rechtlicher Rahmen
Laut § 8 Abs. 1 WEG kann die Aufteilung der Miteigentumsanteile frei vereinbart werden, solange sie sachlich begründbar ist. Entscheidend ist dabei die sogenannte Teilungserklärung, die bei der Begründung von Wohnungseigentum erstellt wird. Diese regelt die Aufteilung der Miteigentumsanteile verbindlich und ist im Grundbuch eingetragen.
Warum Miteigentumsanteile nicht zwingend von der Wohnungsgröße abhängen
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass der Miteigentumsanteil zwangsläufig im Verhältnis zur Wohnungsgröße stehen muss. In der Praxis kann der Anteil aber bewusst anders festgelegt sein. Gründe dafür sind:
Lage und Attraktivität der Wohnung (z. B. Penthouse mit Dachterrasse)
Abweichende Nutzungsmöglichkeiten (z. B. gewerblich nutzbare Einheiten)
Unterschiedliche Baukosten einzelner Einheiten
Besondere Ausstattung oder Zugangsmöglichkeiten
Historische oder taktische Entscheidungen der Bauträger
Ein Beispiel: Zwei Wohnungen haben je 100 m². Eine liegt im Erdgeschoss mit Garten, die andere im Dachgeschoss mit Aufzugzugang. Der Bauträger kann nun entscheiden, der Wohnung mit Garten 120/1.000 und der anderen 80/1.000 Miteigentumsanteile zuzuteilen – trotz identischer Fläche.
Wo spielen Miteigentumsanteile eine Rolle?
Der Miteigentumsanteil hat nicht nur ideellen Charakter, sondern ganz konkrete Auswirkungen in verschiedenen Bereichen des Gemeinschaftslebens und der Verwaltung einer WEG:
1. Stimmrecht in der Eigentümerversammlung
Je nach Vereinbarung in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kann das Stimmrecht auf drei Arten geregelt sein:
Kopfprinzip: Jede Person hat eine Stimme.
Wertprinzip: Das Stimmrecht richtet sich nach dem Miteigentumsanteil.
Objektprinzip: Jede Wohnung hat eine Stimme.
Wenn das Wertprinzip gilt, hat ein Eigentümer mit höheren Miteigentumsanteilen ein stärkeres Gewicht bei Abstimmungen.
2. Verteilung von Kosten und Lasten
Gemäß § 16 Abs. 2 WEG erfolgt die Umlage von Kosten grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen, sofern keine abweichende Vereinbarung besteht. Dazu zählen:
Betriebskosten (z. B. Müllabfuhr, Hausmeister, Beleuchtung)
Instandhaltungsrücklagen
Sanierungs- und Modernisierungskosten
Verwaltungsgebühren
Beispiel: Hat eine Wohnung 150/1.000 Miteigentumsanteile, trägt sie 15 % der gemeinschaftlichen Kosten.
3. Verteilung von Einnahmen
Genauso wie Kosten werden auch Einnahmen – etwa aus der Vermietung von gemeinschaftlich genutzten Räumen – im Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt.
4. Instandhaltungsrücklage
Die Höhe der Einzahlungen in die Instandhaltungsrücklage erfolgt meist anteilig nach den Miteigentumsanteilen. Dies betrifft sowohl die regelmäßigen Beiträge als auch Sonderumlagen.
5. Eigentumsübertragung und Grundbucheintrag
Der Miteigentumsanteil wird beim Kauf im Grundbuch eingetragen und gehört untrennbar zur jeweiligen Einheit. Eine Änderung ist nur durch eine notarielle Änderung der Teilungserklärung möglich.
6. Haftung und Zwangsversteigerung
Im Falle von Zahlungsrückständen haftet der Eigentümer in Höhe seiner Miteigentumsanteile anteilig an den Verbindlichkeiten. Auch bei einer Zwangsversteigerung der Einheit bleibt der Miteigentumsanteil relevant, da dieser mit versteigert wird.
Sonderfall: Änderung der Miteigentumsanteile
Eine nachträgliche Änderung der Miteigentumsanteile ist nur mit Zustimmung aller Eigentümer und durch eine notariell beglaubigte Änderung der Teilungserklärung möglich. Dies kann z. B. erforderlich werden bei:
Anbau oder Ausbau von Wohnfläche
Zusammenlegung von Wohnungen
Veränderung der Nutzungsart (z. B. von Wohnen zu Gewerbe)
Der hohe bürokratische Aufwand führt dazu, dass solche Änderungen selten vorgenommen werden.
Kritische Stimmen und Probleme mit der Miteigentumsverteilung
Ungleichgewicht bei Entscheidungen
Bei Anwendung des Wertprinzips kann ein Eigentümer mit hohem Miteigentumsanteil die Entscheidungsfindung in der Eigentümerversammlung dominieren.
Unfaire Kostenverteilung
In manchen WEG´s fühlen sich Eigentümer mit geringer Fläche benachteiligt, wenn sie wegen eines überdurchschnittlich hohen Miteigentumsanteils höhere Kosten tragen müssen.
Streitpotenzial
Unklare oder als unfair empfundene Miteigentumsanteile führen nicht selten zu juristischen Auseinandersetzungen unter Eigentümern oder mit der Hausverwaltung.
Tipps für Kaufinteressenten
Wenn Sie eine Eigentumswohnung kaufen möchten, sollten Sie den Miteigentumsanteil unbedingt genau prüfen:
Lesen Sie die Teilungserklärung sorgfältig.
Verstehen Sie, wie der Miteigentumsanteil berechnet wurde.
Achten Sie auf die Stimmrechtsverteilung.
Prüfen Sie die Höhe der monatlichen Umlagen.
Lassen Sie sich beraten, insbesondere bei Abweichungen zwischen Wohnfläche und Miteigentumsanteil.
Fazit: Miteigentumsanteil – mehr als nur ein Zahlenwert
Der Miteigentumsanteil in einer WEG ist ein zentraler Begriff im deutschen Wohnungseigentumsrecht. Er bestimmt nicht nur den Anteil am Gemeinschaftseigentum, sondern wirkt sich auch auf Stimmrechte, Kostenverteilung, Einnahmen und viele rechtliche Fragestellungen aus. Wichtig zu verstehen ist: Die Höhe des Miteigentumsanteils muss nicht zwangsläufig mit der Größe der Wohnung übereinstimmen – hier kommt es auf die konkrete Teilungserklärung und die individuelle Vereinbarung an.
Wer eine Wohnung erwerben oder verkaufen möchte, sollte sich intensiv mit dem Thema Miteigentumsanteil auseinandersetzen, um spätere Überraschungen zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Miteigentumsanteil
Was genau ist ein Miteigentumsanteil?
Ein Miteigentumsanteil ist der ideelle Anteil eines Wohnungseigentümers am Gemeinschaftseigentum, z. B. Grundstück, Dach, Fassade, Treppenhaus.
Muss der Miteigentumsanteil der Wohnfläche entsprechen?
Nein. Der Miteigentumsanteil kann – muss aber nicht – proportional zur Wohnfläche sein. Er kann auch andere Kriterien wie Lage oder Ausstattung berücksichtigen.
Wer legt die Miteigentumsanteile fest?
Die Miteigentumsanteile werden in der Teilungserklärung definiert, die meist vom Bauträger erstellt wird.
Kann man Miteigentumsanteile ändern?
Nur durch eine einstimmige Vereinbarung aller Eigentümer und eine notarielle Änderung der Teilungserklärung.
Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Stand: April 2025