Kein Schriftformerfordernis bei kurzfristigen Änderungen des Mietvertrages

Eine Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen im Mietvertrag ist nur dann gemäß § 550 Satz 1 BGB schriftformbedürftig, wenn sie für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr Geltung beansprucht.

 

Der Fall

Im Rahmen eines schriftlich geschlossenen längerfristigen Gewerbemietvertrages hatten die Parteien im Laufe des Mietverhältnisses zwei nicht der Schriftform entsprechende Vereinbarungen über die Höhe einer Mietminderung getroffen. Die Laufzeit der getroffenen Minderungsvereinbarungen betrug jeweils weit weniger als ein Jahr. Die Parteien einigten sich insgesamt auf Mietminderungen für einen Zeitraum von 15 Monaten. In Nachhinein bemängelte die Vermieterin einen Schriftformverstoß und nutzte den vermeintlichen Schriftformmangel, um das Mietverhältnis unabhängig von der vereinbarten Vertragslaufzeit ordentlich zu kündigen. Die Vermieterin erhob Klage auf Räumung und Herausgabe der Mietsache. Während des Räumungsrechtsstreits erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

 

Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hatte somit lediglich noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Nach Ansicht des BGH waren die Kosten des gesamten Rechtsstreits der Vermieterin aufzuerlegen, da sie mit ihrem auf Räumung und Herausgabe gerichteten Anspruch mangels Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB nicht durchdringen konnte.
Die Vorschrift des § 550 BGB solle laut BGH den Erwerber eines Grundstücks davor schützen, bei Eintritt in einen Mietvertrag, dessen Bedingungen er mangels Schriftlichkeit nicht zuverlässig erkennen könne, an die vertraglichen Regelungen länger als ein Jahr gebunden zu sein. Daneben diene § 550 BGB nach ständiger Rechtsprechung des BGH dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden auch zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien zu gewährleisten und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.

Das Gesetz nennt bereits in § 550 Satz 1 BGB ein Jahr als Grenze, bis zu der nicht von einer Langfristigkeit auszugehen sei. Daraus folge, dass bei einer Änderung von vertragswesentlichen Vereinbarungen – wie etwa die Miethöhe – nur dann gemäß § 550 Satz 1 BGB von einem Schriftformerfordernis auszugehen sei, wenn sie für einen ein Jahr übersteigenden Zeitraum Geltung beanspruche. In dem zu entscheidenden Fall hatten die beiden Vereinbarungen der Mietvertragsparteien zur Minderungshöhe jeweils eine Laufzeit von deutlich unter einem Jahr.

Laut Bundesgerichtshof müsse die Laufzeit für die Frage der Schriftformbedürftigkeit bezogen auf jede einzelne Abrede betrachtet werden. Es sei rechtlich unerheblich, dass beide Vereinbarungen zusammen mit 15 Monaten ein Jahr überschritten. Die Vermieterin könne aus diesen Abreden kein Schriftformverstoß des bis 31. August 2020 befristeten und mit zwei jeweils fünfjährigen Verlängerungsoptionen versehenen Mietvertrags ableiten, so der BGH. Aus diesem Grund sei die darauf gestützte ordentliche Kündigung der Vermieterin und das mit der Klage verfolgte Räumungs- und Herausgabebegehren unberechtigt gewesen.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. September 2021, Az. XII ZR 60/20
Vorinstanzen:
OLG Bremen, Urteil vom 25.06.2020, Az. 5 U 13/19
LG Bremen, Urteil vom 31.05.2019, Az. 6 O 1787/18