Auch ein Mieter kann bevollmächtigter Vertreter für einen Wohnungseigentümer sein
Die Eigentümer einer Wohnung können sich durch ihren Mieter in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten lassen. Dies gilt zumindest dann, wenn die Entfernung zwischen dem Wohnort der Eigentümer und der Wohnungseigentumsanlage groß ist. Auch darf die Verwaltung mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen E-Mail-Account kommunizieren. Das entschied das Hamburger Landgericht in einem Berufungsverfahren (Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19).
Der Fall
In dem zu verhandelnden Fall verlangt ein Wohnungseigentümer von der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft, es zu unterlassen, einen Mieter über seinen beruflichen E-Mail-Account hinsichtlich der Angelegenheiten der Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu informieren. In der Teilungserklärung heißt es wörtlich wie folgt: „Geht das Wohnungseigentum auf mehrere Personen über, so haben diese unter Anzeige an den Verwalter einen geeigneten Bevollmächtigten zu bestellen, der berechtigt ist, für sie Willenserklärungen und Zustellungen, die im Zusammenhang mit dem Wohnungseigentum stehen, entgegenzunehmen und abzugeben.′′ In Bezug auf die Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung ist der Teilungserklärung folgendes geregelt: „Jeder Eigentümer kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht ausgestatteten Dritten vertreten lassen.′′ Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Verwalterin den Mieter der Wohnungseigentümer über dessen E-Mail-Account jederzeit Informationen zukommen lassen dürfe, da eine wirksame Bevollmächtigung durch die Wohnungseigentümer der betreffenden Einheit vorliege und die Eigentümer ein nachvollziehbares und berechtigtes Interesse an einer Information ihres Bevollmächtigten hätten.
Die Entscheidung
Das in der Berufungsinstanz zuständige Landgericht hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen, sodass die von den Eigentümern eingelegte Berufung erfolglos blieb. Es sei mit Blick auf die Teilungserklärung, die grundsätzlich Möglichkeiten für die Wohnungseigentümer vorsieht, sich in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten durch bevollmächtigte Dritte vertreten zu lassen, nicht zu beanstanden, dass die Verwalterin auf der Grundlage einer Vollmacht mit dem Mieter der Einheit als Vertreter über E-Mails in Angelegenheiten der Wohnungseigentümergemeinschaft korrespondiert. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn für die Wohnungseigentümer, die ihren Mieter bevollmächtigt haben, kein entsprechendes berechtigtes Interesse bestünde. Angesichts der weiten Entfernung des Wohnortes der Eigentümer zur Wohnungseigentumsanlage bestehe jedoch ein berechtigtes Interesse, sich umfassend in allen wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten vertreten zu lassen. Der bevollmächtigte Mieter, der in der Anlage wohnt, könne beispielsweise den Instandsetzungsbedarf oder eine Einhaltung der Hausordnung aus nächster Nähe deutlich besser beurteilen als der entfernt wohnende Wohnungseigentümer. Allein aus dem Umstand, dass der Bevollmächtigte zugleich Mieter ist, lasse sich jedenfalls nicht ableiten, dass er die Interessen der Wohnungseigentümer nicht sachgerecht vertreten würde oder seine Vollmacht zulasten anderer Wohnungseigentümer missbrauchen würde. Dazu gehöre auch die Möglichkeit, mit der Verwaltung über Angelegenheiten der Gemeinschaft kommunizieren zu dürfen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Verwalterin mit dem bevollmächtigten Mieter über dessen beruflichen E-Mail-Account kommuniziere. Im vorliegenden Fall gebe es keinerlei Anhaltspunkte, dass die ausgetauschten Belange der Eigentümergemeinschaft nicht mit hinreichender Vertraulichkeit behandelt werden.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19 Vorinstanz: AG Hamburg, 26.04.2019, Az. 22a C 138/18