Hausordnung in der GdWE
Rechte, Grenzen und Fallstricke
Einleitung: Die Hausordnung als Regelwerk für ein gutes Miteinander
In Wohnungseigentumsanlagen gilt die Hausordnung als unverzichtbares Instrument für ein harmonisches Zusammenleben. Sie legt fest, wie sich Eigentümer und Nutzer im gemeinschaftlichen Bereich der Wohnanlage zu verhalten haben, und schafft so klare Erwartungen und Regeln. Doch gerade in der Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) ist die Hausordnung nicht nur eine Sammlung von Benimmregeln – sie ist Teil eines komplexen rechtlichen Gefüges. In diesem Beitrag beleuchten wir, was in einer Hausordnung geregelt werden darf, welche Grenzen das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) setzt und welche Missverständnisse aus dem Mietrecht oft fälschlich übertragen werden. Dabei gehen wir auch auf die typischen Fehler und Überregulierungen ein, die wir als Hausverwaltung regelmäßig erleben.
1. Die rechtliche Grundlage in der GdWE
Die Grundlage für die Hausordnung einer GdWE ist das Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Nach § 19 Abs. 1 WEG gehört es zur ordnungsgemäßen Verwaltung, dass eine Hausordnung besteht. Der Weg zu einer verbindlichen Regelung führt in der Praxis über einen Beschluss der Eigentümerversammlung. Nur so erlangt das Regelwerk ihre rechtliche Verbindlichkeit für alle Eigentümer.
Rechtsnatur:
- Die Hausordnung ist ein sog. kollektiver Verhaltensrahmen.
- Sie ist für Eigentümer verpflichtend, sofern sie durch Beschluss wirksam eingeführt wurde.
- Für Mieter gilt sie nur dann, wenn sie Bestandteil des Mietvertrags ist oder durch gesetzliche Regelungen (z. B. § 15 WEG, Überlassung an Dritte) vermittelt wird.
2. Was darf geregelt werden?
Die Hausordnung kann grundsätzlich alle Fragen des gemeinsamen Gebrauchs von Gemeinschaftseigentum regeln. Dazu zählen u. a.:
- Ruhezeiten (z. B. Nachtruhe von 22:00 bis 6:00 Uhr)
- Reinigungspflichten in Fluren, Treppenhäusern oder im Winterdienst
- Haustierhaltung (soweit gemeinschaftsrelevant, z. B. Leinenpflicht im Hausflur)
- Nutzung von Waschküchen, Fahrradkellern, Gemeinschaftsräumen
- Müllentsorgung und Recycling
- Verhalten auf Balkonen oder Loggien, sofern sich dies auf das Gemeinschaftseigentum auswirkt (z. B. Grillverbot auf Grund von Rauchentwicklung im Treppenhaus)
Wichtig: Die Hausordnung darf keine Sondernutzungsrechte einschränken und nicht in das Sondereigentum eingreifen. Auch allgemeine Lebensführungsfragen, die das Private betreffen, sind tabu.
3. Grenzen: Was nicht zulässig ist
Immer wieder erleben wir Hausordnungen, die über das Ziel hinausschießen. Hier einige Beispiele für unzulässige oder grenzwertige Regelungen:
- Verbot von Kinderlachen im Innenhof – greift unzulässig in den sozialadäquaten Gebrauch ein.
- Generelles Grillverbot auf Balkonen – zulässig nur bei konkreter Gefahrenlage oder unzumutbarer Beeinträchtigung.
- Verbot von Blumenkästen – allenfalls reglementierbar bzgl. Sicherheit (z. B. zur Straßenseite hin).
- Haustierverbot im gesamten Objekt – pauschal meist unzulässig, differenzierte Regelung erforderlich.
- Verpflichtung zur persönlichen Teilnahme an Gemeinschaftsdiensten – unzulässig, wenn nicht durch Teilungserklärung gedeckt.
Hier zeigt sich: Die Hausordnung darf keine versteckten Eingriffe in Eigentumsrechte darstellen. Sie ist kein Ersatz für die Teilungserklärung oder Individualvereinbarungen.
4. WEG-Recht vs. Mietrecht: Häufige Missverständnisse
Viele Eigentümer vermieten ihre Einheiten. Dabei kommt es häufig zur Verwechslung zwischen WEG-Recht und Mietrecht. Wichtig ist:
- Die GdWE kann nicht für Mieter verbindlich regeln, was nicht im Mietvertrag steht.
- Vermieter müssen Hausordnungen aktiv in Mietverträge übernehmen, wenn sie gelten sollen.
- Die GdWE kann Vorgaben zum Gemeinschaftseigentum machen, aber keine privatrechtlichen Verpflichtungen zwischen Eigentümer und Mieter schaffen.
Typisch ist z. B. die Annahme, man könne durch Hausordnung einem Mieter die Haustierhaltung untersagen, obwohl der Mietvertrag dies ausdrücklich erlaubt.
5. Die Rolle der Hausverwaltung und der GdWE
Als Hausverwaltung sind wir verpflichtet, auf die Einhaltung der beschlossenen Hausordnung zu achten. Dabei stehen uns keine hoheitlichen Mittel zur Verfügung. Vielmehr können wir:
- Hinweise und Ermahnungen aussprechen
- Im Auftrag der GdWE Verwarnungen oder Abmahnungen formulieren
- Bei schweren oder wiederholten Verstößen den Beschluss zur gerichtlichen Unterlassungsklage vorbereiten
Wir legen großen Wert darauf, dass Hausordnungen transparent, fair und rechtskonform formuliert sind. Sie sollen das Miteinander fördern, nicht Konflikte erzeugen.
6. Die typische Entwicklung einer Hausordnung
In der Praxis entstehen Hausordnungen oft aus Vorlagen des Bauträgers oder der Erstverwaltung. Spätestens nach dem ersten Jahr sollten Eigentümer überprüfen:
- Sind alle Regelungen noch aktuell?
- Gibt es Konflikte, die durch Änderungen entschärft werden könnten?
- Werden neue Nutzungskonzepte benötigt (z. B. für E-Mobilität, Paketstationen, Homeoffice)?
Eine Änderung der Hausordnung ist jederzeit durch Beschluss mit einfacher Mehrheit möglich (§ 20 Abs. 1 WEG).
7. Fazit: Die Hausordnung als Werkzeug, nicht als Waffe
Eine gute Hausordnung ist kein Katalog von Verboten, sondern ein Werkzeug zur Konfliktvermeidung und Ordnung. Sie funktioniert nur, wenn sie mit Augenmaß formuliert, breit akzeptiert und rechtssicher umgesetzt wird.
Als Hausverwaltung Reiner GmbH unterstützen wir Ihre GdWE gerne bei der Entwicklung, Prüfung oder Anpassung Ihrer Hausordnung. Dabei achten wir besonders auf:
- rechtssichere Formulierungen
- Praxisbezug und Umsetzbarkeit
- Akzeptanz durch Eigentümer und Bewohner
FAQ: Hausordnung in der GdWE
1. Ist die Hausordnung verpflichtend?
Ja, wenn sie durch die Eigentümerversammlung beschlossen wurde.
2. Gilt die Hausordnung auch für Mieter?
Nur, wenn sie im Mietvertrag verankert ist oder sich aus gesetzlichen Regelungen ergibt.
3. Darf die Hausordnung Haustiere verbieten?
Ein generelles Verbot ist unzulässig. Einschränkungen sind nur bei konkreter Störung möglich.
4. Wer kontrolliert die Einhaltung?
Die Hausverwaltung im Auftrag der GdWE. Bei Bedarf auch mit juristischer Unterstützung.
5. Kann die Hausordnung geändert werden?
Ja, jederzeit per Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung.
Verfasst von Harald Reiner, Hausverwaltung Reiner GmbH
Stand: Juni 2025