BGH: Hausmusik muss geduldet werden

Des einen Freud, des anderen Leid: Hausmusik. Im Streit um das Trompete spielen in einem Reihenhaus schaffte der BGH Klarheit. Das Musizieren der Nachbarn muss in gewissen Grenzen hingenommen werden.

Der Fall


Der Beklagte, ein Berufsmusiker, der im Orchester eines Theaters Trompete spielt, und der Kläger, sein nebenan lebender Nachbar, stritten jahrelang wegen des Trompetenspiels. Der Musiker übte und musizierte im Erdgeschoss sowie in einem gesonderten Probenraum im Dachgeschoss seines Reihenhauses. Das machte er maximal drei Stunden an zwei Tagen in der Woche und hielt sich dabei an die Mittags- und Nachtruhezeiten. Hinzu kamen noch zwei Stunden Unterricht für Schüler. Für den Kläger war das zu viel: Er verlangte das Ergreifen geeigneter Maßnahmen, damit das Spielen von Musikinstrumenten in seinem Haus nicht wahrgenommen werden kann.

Urteile der Vorinstanzen


Das Amtsgericht gab dem Kläger zunächst Recht. Doch der Musiker ging in Berufung. Das Landgericht urteilte daraufhin, dass der Trompeter zwar spielen darf – maximal zehn Stunden pro Woche – aber nur noch im Dachgeschoss. Außerdem muss er den Unterricht einstellen. Der Musiker legte daraufhin Revision ein, da er sein Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit durch die „Verbannung” auf den Dachboden eingeschränkt sah.

Die Entscheidung:

Üben muss geduldet werden
. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall dorthin zurück, da es einen zu strengen Maßstab angelegt hat. „Das häusliche Musizieren einschließlich des dazugehörigen Übens gehört zu den sozialadäquaten und üblichen Formen der Freizeitbeschäftigung und ist aus der maßgeblichen Sicht eines „verständigen Durchschnittsmenschen” in gewissen Grenzen hinzunehmen, weil es einen wesentlichen Teil des Lebensinhalts bildet und von erheblicher Bedeutung für die Lebensfreude und das Gefühlsleben sein kann; es gehört – wie viele andere übliche Freizeitbeschäftigungen – zu der grundrechtlich geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit”, heißt es in der Urteilsbegründung des BGH. Der Nachbar muss das Musizieren daher für zwei bis drei Stunden an Werktagen sowie ein bis zwei Stunden an Sonn- und Feiertagen dulden. Dabei sind die Ruhezeiten zur Mittags- und Nachtzeit einzuhalten. Ein nahezu vollständiges Spielverbot am Wochenende und für die Abendstunden komme nicht in Betracht. Anhand dieser Vorgaben muss nun das Landgericht neu darüber entscheiden, zu welchen Zeiten der Nachbar zur Trompete greifen darf.
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2018, V ZR 143/17