Grundsteuer: auf der Suche nach passenden Modell

Ende November stellte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sein Konzept zur Reform der Grundsteuer vor. Neben der Wohn- und Grundstücksfläche berücksichtigt es den Bodenrichtwert, das Baujahr und auch die Nettokaltmiete. Bundesjustizministerin Katharina Barley (SPD) sprach sich vor Weihnachten dafür aus, Vermietern zu verbieten, die neu anfallenden Kosten auf die Mieter umzulegen. Dies sorgte für Widerspruch beim Koalitionspartner.

Die SPD werde sich dafür einsetzen, dass die Grundsteuer künftig nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden könne, wurde SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles zitiert. Der Vorstoß sorgte schnell für Unmut beim Berliner Koalitionspartner. So bezeichnete Dr. Jan-Marco Luczak, Mietrechtsexperte der CDU/CSU-Fraktion, die Idee als „Irrweg”: Mieter würden dadurch noch stärker belastet, da Vermieter bei Neuvermietungen zum Ausgleich die Kaltmieten erhöhen würden. Dies wiederum führe zu einem Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete. „Am Ende haben wir also eine Mehrbelastung aller Mieter.” Luczak kritisierte auch, dass sich Finanzminister Scholz bisher noch nicht zu den im Koalitionsvertrag angedachten Freibeträgen für die Grunderwerbsteuer geäußert habe. Schließlich wäre eine niedrigere Grunderwerbsteuer ein Hebel, um Mieter und Vermieter gleichermaßen zu entlasten. Auch die Bundesländer sieht er in der Pflicht, denn diese könnten die Hebesätze senken.
Kurz vor Weihnachten kam zusätzliche Bewegung in die Diskussion. Kai Wegner, Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen, hielt die Abschaffung der Grundsteuer durchaus für möglich: „Sollte man sich nicht auf ein konsensfähiges Modell verständigen können, fällt die Grundsteuer am 1.1.2020 weg. Dann müsste ein finanzieller Ausgleich für die Kommunen gefunden werden. Vielleicht ist dieser Weg am Ende auch die politisch sauberste Lösung”, sagte Wegner.

Gegenwind kam auch von der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag. Die Grundsteuerreform müsse zwingend aufkommensneutral erfolgen, damit Wohnen bezahlbar bleibe. Dabei soll die Höhe der Steuer auf möglichst wenigen Kriterien beruhen, damit sie unbürokratisch ist. Sie sollte deshalb ausschließlich nach physikalischen Größen, nämlich Grundstücksgröße und Wohn- oder Nutzfläche, ermittelt werden. Diese Größen seien nicht streitanfällig und vermeiden in Zeiten steigender Immobilienpreise eine Steuererhöhung durch die Hintertür, so die CSU in einem Konzeptpapier.

Immobilienwirtschaft warnt: Die Steuerpläne verteuern das Wohnen
Die Immobilienwirtschaft erachtete die Diskussion um die Umlagefähigkeit für unnötig. Sie laufe dem gemeinsamen Ziel mehr bezahlbaren Wohnraum und sozialverträgliche Mieten zu schaffen entgegen. Zudem sei Scholz‘ Reformvorschlag mit einem gigantischen bürokratischen Aufwand verbunden, der die Finanzämter überfordere und das Wohnen unnötig verteuere. Die Verbände plädieren auch weiterhin für ein Flächenmodell, bei dem sich die Grundsteuer aus der Gebäude- und Grundstücksfläche berechnet. Der Deutsche Mieterbund hingegen begrüßte den Vorschlag, die Mieter zu entlasten und die Umlagefähigkeit zu verbieten. Die Grundsteuer sei eine Eigentumssteuer und müsse daher von den Hauseigentümern bezahlt werden.

Einigung auf der Kippe?
Bund und Länder einigten sich Anfang Februar auf ein Kompromissmodell. Dieses sieht vor, den Grundstückswert, das Alter von Gebäuden und die durchschnittlichen Mietkosten für die Ermittlung der Steuer heranzuziehen. Darauf aufbauend soll nun ein entsprechender Gesetzentwurf erarbeitet werden, dem auch die Länder zustimmen müssen. Allerdings wurden bereits kurz nach der Einigung erste kritische Stimmen laut. CDU und CSU meldeten Bedenken an: Sie sehen das bisherige Konzept für die Reform noch nicht als zustimmungsfähig an, sagte CSU-Chef Markus Söder dem Handelsblatt. Kai Wegner, baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag, fürchtet, das Reformmodell könnte zum „Mieterhöhungsturbo in den angespannten städtischen Wohnungsmärkten“ werden. Und auch für die FDP ist der Kompromiss „bürokratischer Wahnsinn“, der das Wohnen noch weiter verteuere.