Bundesfinanzhof entscheidet: BHKW-Betrieb kann gewerblich sein

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann beim Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW), mit dem nicht nur Selbstversorgung betrieben, sondern Strom an einen außenstehenden Abnehmer geliefert wird, selbst gewerblich tätig sein. Daher kann sie als rechtsfähiges Steuerrechtssubjekt selbst eine gewerbliche Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Einkommenssteuergesetz (EStG) begründen, für die ein Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a Abgabenordnung (AO) durchzuführen ist.

Mit Urteil vom 20. September 2018 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die rechtsfähige WEG ertragssteuerrechtlich eine Mitunternehmerschaft begründen kann, für die das erforderliche Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Der Annahme einer von den Wohnungseigentümern zusätzlich konkludent (stillschweigend) gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) bedarf es nach Auffassung des höchsten deutschen Finanzgerichts nicht.

Der Fall
Die Kläger sind Mitglieder einer WEG, die Ende Juli 2009 (steuerrechtliches Streitjahr) von einem Bauträger fertiggestellt wurde und zu der 11 Reihenhäuser sowie ein BHKW gehören. Im Juli 2009 wurde die X-GmbH zum Verwalter bestellt und ein Stromeinspeisevertrag zwischen der WEG und der M-GmbH abgeschlossen. Die X-GmbH beantragte 2010 beim Finanzamt (FA) eine Steuernummer, da die WEG ein BHKW betreibe und Strom an Versorger gegen Entgelt zur Verfügung stelle. Ebenfalls 2010 beschloss die Eigentümerversammlung, dass die Umsatzsteuererklärungen von einem selbständigen Berater gefertigt und die Erträge aus der Stromeinspeisung aus dem BHKW in die Instandhaltungsrücklage fließen sollen. Am 25.02.2011 ging beim FA die von der X-GmbH für die WEG abgegebene Feststellungserklärung für 2009 ein. Im Feststellungsbescheid 2009 vom 21.03.2011 stellte das FA die Besteuerungsgrundlagen erklärungsgemäß fest. Es wurden laufende Einkünfte der WEG aus dem Betrieb des BHKW in Höhe von 597,30 Euro festgestellt und jedem der 11 Beteiligten ein Anteil von 54,30 Euro zugewiesen. Der Gewinnermittlung lagen Betriebseinnahmen über 520,22 Euro und Betriebsausgaben von 1.117,50 Euro zugrunde. Das FA gab den Bescheid der X-GmbH sowie den Klägern einzeln bekannt. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Diesen begründeten sie unter anderem damit, dass der Gewinn zu hoch festgestellt worden sei, weil nicht die richtigen Folgen aus der Nutzung der selbsterzeugten Energie durch die Wohnungseigentümer gezogen worden seien.
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die Klage ab. Mit ihrer Revision hatten die Kläger Erfolg. Die Sache wurde zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung
Der BFH bestätigt das Finanzgericht darin, dass die WEG infolge ihrer zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit (§ 10 Abs. 6 S. 1 WEG) ähnlich einer Personengesellschaft auch steuerrechtlich als Mitunternehmerschaft anzusehen sei, soweit sie innerhalb ihres Verbandszwecks tätig werde. Die Lieferung von Strom halte sich jedenfalls innerhalb dieses Verbandszwecks, wenn der Strom von einem eigenen BHKW erzeugt werde, das vornehmlich der Erzeugung von Wärme in der eigenen Wohnanlage diene. Damit erteilte der BFH der Gegenauffassung eine Absage, wonach eine WEG nicht selbst eine Mitunternehmerschaft sein könne, sondern nur eine von den Wohnungseigentümern zusätzlich zu gründende GbR als Steuerrechtssubjekt in Betracht komme.
Rechtsfolge daraus ist, dass die gewerblichen Einkünfte aus der Stromlieferung in einem eigenständigen Verfahren gegenüber der WEG, nicht aber gegenüber einer daneben bestehenden GbR, gesondert festzustellen seien.

Fazit
Die zivilrechtlich kodifizierte Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft setzt sich im Steuerrecht fort. Die Gemeinschaft kann als Steuerrechtssubjekt eigene Steuererklärungen abgeben. Hierbei kann sie vom Verwalter organschaftlich oder von anderen erklärungsberechtigten Personen (z. B. Steuerberatern) rechtsgeschäftlich vertreten werden. Ein BHKW steht im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer, sofern es sich nicht um einen Scheinbestandteil handelt, der nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Grundstück eingebracht wird. Für die ertragssteuerrechtliche Betrachtung sind die dinglichen Eigentumsverhältnisse am BHKW nicht maßgeblich.